Diesen Redebeitrag hätte Mine eigentlich auf dem 1. Mai Fest gehalten. Jetzt gibt es ihn hier online!
Diesen Redebeitrag hätte Mine eigentlich auf dem 1. Mai Fest gehalten. Jetzt gibt es ihn hier online!
SDS Hildesheim -Sozialistisch Demokratischer Studierendenverband
Stell dir vor der Arbeitswert, also der Wert, den du durch deine Arbeit generierst, ist ein ganzer Kuchen, von dem ein Stückchen abgeschnitten wird. Das ist dein Lohn. Der Rest des Kuchens, der allergrößte Teil (MEHRwert), landet in den Händen des Kapitalisten. Du wirst ausgebeutet. Du wirst für ein Vielfaches weniger vergütet, als deine Arbeitskraft wert ist. Marx arbeitete in „Das Kapital“ heraus, dass der Kapitalismus, um Kapital akkumulieren zu können, auf Menschen angewiesen ist, die ihre Arbeitskraft verkaufen. Somit bekommt die Arbeit den Status einer Ware, die du verkaufen musst und die von Kapitalisten gekauft wird (das ist dann dein Lohn). Diese Arbeitskraft muss reproduziert werden, denn Menschen haben grundlegende Lebensbedürfnisse wie Nahrungsmittel und Wohnraum. Menschen sterben, werden krank, müssen heranwachsen und ausgebildet werden, der Nutzen ihrer Arbeitskraft verliert mit den Jahren an Wert. Diese Reproduktionsarbeit scheint auf den ersten Blick keine Berücksichtigung im Bild des Kuchens zu finden. Doch sie ist allgegenwärtig, denn sie wird sowohl gebraucht, um den Kuchen (also den Arbeitswert) stetig frisch zu halten, als auch um neue Kuchen zu backen.
Nun ist es aber so, dass der Kapitalismus vor dem Widerspruch steht, möglichst viel Arbeitskraft für möglichst wenig Geld bekommen zu wollen, gleichzeitig die Ware Arbeitskraft aber auch möglichst lange zu erhalten. Die soziale Reproduktion ist also Grundvoraussetzung für das Funktionieren des Kapitalismus, denn sonst gäbe es keine Arbeiter*innen.
Im Haushalt werden diese reproduktiven Aufgaben (Kochen, Haushalt, Erziehung, Pflege, …) vorwiegend unbezahlt verrichtet, was dem Staat und dem Kapital zugute kommt. Dem Staat kommt dabei eine Kontrollfunktion zu, damit das kurzfristige Ausbeutungsinteresse nicht die langzeitige Reproduktion der arbeitenden Klasse untergräbt (d.h. damit die Arbeiter*innen sich nicht zu Tode schuften). Also zeigt sich die Funktion des Staates auch darin *, eine „nachhaltige“ Ausbeutung zu sichern, die den Arbeitswert eines Menschen so lange wie möglich und so günstig wie möglich aufrecht erhält. Der Sozialstaat ist ein Kompromiss für die arbeitende Klasse und den Kapitalismus und in erster Linie auch nur die Stütze kapitalistischer Herrschaftssysteme.
Der Staat unterstützt das hegemoniale Konzept der klassischen bürgerlichen Familie und sorgt unter anderem mit Arbeits- und Sozialgesetzgebung, durch das Versicherungs- und Rentensystem, sowie das Recht für Familien, etc . dafür, dass jene Familie für die Reproduktion herhält. Das ist für Staat und Kapital insofern praktisch, als dass so viel der Sorgearbeit zur Reproduktion der Arbeitskräfte im Privaten stattfindet und dem Staat umsonst zur Verfügung steht.
Damit ist der Kapitalismus also auch Springquell der Unterdrückung von Frauen, Inter*, Nicht-Binären und Trans*Personen, von denen erwartet wird, diese Arbeiten aus freien Stücken und ohne Kompensation zu verrichten.
Im Laufe der Zeit hat sich mit der Entwicklung des Kapitalismus und dessen Erzeugnissen, auch die Sphäre der Reproduktion verändert.- Ein Beispiel: Die Erfindung der Waschmaschine lässt die Reproduktionsarbeiten effizienter werden. Das ist für den Kapitalismus total praktisch, denn effiziente Wiederherstellung der Arbeitskraft sorgt für eine höhere Ausbeutungsrate. Die Arbeiter*innen können also länger und effizienter arbeiten.
Aber schauen wir uns diese, uns widerspenstige, Ideologie mal am Beispiel der Pflege als ein Teil der sozialen Reproduktionsarbeit genauer an.
Der Mechanismus des Kapitalismus ist krisenhaft und stößt früher oder später an Grenzen, denn der Mensch und die Natur können nicht unendlich ihrer Ressourcen bestohlen werden. Wir erleben das momentan alle am eigenen Leib: Corona. Aber auch hier ist es wichtig, zu sehen, dass es Menschen gibt, die mehr davon zu spüren bekommen, als andere, denn #wirbleibenzuhause ist ein Klassenprivileg! Gerade jetzt zeigen sich die Mängel des totgesparten Gesundheitssystems und die Auswirkungen dessen, dass der Neoliberalismus aus dem Gesundheitssektor einen Markt gemacht hat. Zutage kommen die Folgen der fortwährenden Prekarisierung ganzer Lebenswelten. Diese betrifft besonders bereits marginalisierte Gruppe, denn der Neoliberalismus organisiert die soziale Reproduktion entlang sozialer Gruppen:? FLINT*Personen, Migrant*innen und finanziell schlechter gestellte Leute arbeiten dabei auffallend häufig in diesem Niedriglohnsektor. Der Neoliberalismus propagiert die Ideologie eines „unternehmerischen Selbst“ und der Eigenverantwortung und kaschiert damit Maßnahmen des Sozialabbaus. Im Pflege- und Gesundheitssektor heißt das ganz konkret: Personalnot, Unter- und Fehlversorgung, sowie Entscheidungen, die nach Profitaussichten und nicht ausschließlich nach medizinischen Kriterien getroffen werden.
Die Zeit, die der staatlich garantierten Pflege in einem System zukommt, wird durch Steuern finanziert. Also je mehr Zeit für Pflege draufgeht, desto schlechter ist das für das Kapital. Deshalb ist es das Anliegen der herrschenden Klasse, die Reproduktion der Arbeitskräfte so effizient und günstig wie möglich zu gestalten. Denn dem Kapital liegt kein Interesse daran, die Lebensbedingung der Menschen zu verbessern, solange ausreichend Arbeiter*innen zur Verfügung stehen, auf die es zurückgreifen kann. Die Pflege- und Reproduktionsarbeit schafft keinen Mehrwert. Der Staat wägt also ständig ab, welche Leistungen unbedingt Not tun, um die Reproduktion der Arbeitskräfte zu gewährleisten und dabei möglichst geringe Kosten anfallen zu lassen. Mehr Personal im Krankenhaus hieße eine Entlastung der Pflegearbeit im Privaten. Und wie wir eben gelernt haben, findet der Staat als „ideeller Gesamtkapitalist“ (wie Engels sagt) eigentlich ganz gut, wenn die Familie dafür sorgt, dass Arbeiter*innen zur Verfügung stehen. Denn mehr Pflegepersonal hieße, mehr des gesamtgesellschaftlichen Mehrwerts für die öffentliche Gesundheitsversorgung bereitzustellen. An dieser Stelle setzt der Kapitalismus die Profite und nicht die Menschen als Priorität.
Auch innerhalb des Pflegesektors wird mit der Gesundheit der Menschen gespielt, die sich am wenigsten wehren können. Altenheime bieten zum Beispiel keine Möglichkeit, Profit zu generieren, denn sie „reparieren Menschen nicht für den Arbeitsmarkt“. Es ist also kein Zufall, dass dort die Lage noch drastischer ist, noch mehr Engpässe entstehen und die Pflegekräfte noch unterbezahlter sind.
2015 wurden 73% der Pflegebedürftigen in privaten Haushalten gepflegt, 48% allein von Angehörigen ohne Unterstützung.
Und gibt es dennoch Engpässe, profitiert der Staat von der Etablierung eines sog. „grauen Pflegemarkts“. Dieser Markt um die Ausbeutung migrantischer Pflegekräfte, meist aus Osteuropa, wird vom Staat reguliert und forciert, an anderen Stellen wiederum wird Migration kriminalisiert. So stehen dem Kapitalismus möglichst günstige und effiziente Arbeitskräfte zur Verfügung. Rassistische Strukturen sind Grundvorraussetzung für den Kapitalismus! Das zeigt sich auch durch die Instrumentalisierung der Staatsbürgerschaften als Maßstab zur Vergabe (bzw. Vorenthaltung) von Menschenrechten. Für Migrant*innen ist es strukturell bedingt schwieriger, zu streiken, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen und über den Zugang zu Wissen um Anlaufstellen zu erhalten. So ist es dem Kapitalismus leichter, diese Menschen auszubeuten. Zum anderen sind diese prekär beschäftigten Arbeitskräfte darüber hinaus insofern für den Staat kostengünstig, als ihre Geburt, Erziehung und Ausbildung, also ihre Reproduktion, nicht in der Bundesrepublik stattfand.
Wir sehen also: Die Reproduktion der Arbeitskräfte beruht – ebenso wie die Kapitalakkumulation als solche – auf Ausbeutung! Und bei dieser werden marginalisierte Gruppen wie FLINT*Personen, Migrant*innen, von Rassismus Betroffene und finanziell schlecht gestellte Personen besonders stark ausgebeutet.
Deshalb ist es unser Anspruch, Klassenpolitik intersektional zu denken! Klassenpolitik muss antirassistisch sein! Sie muss feministisch sein! Sie muss sich Misogynie, Trans*feindlichkeit, Inter*feindlichkeit und Diskriminierung von nicht-binären Personen entschieden in den Weg stellen! Klassenpolitik muss verbinden!
Der erste Mai ist internationaler Tag der Arbeit. Der erste Mai ist Tag der Arbeiter*innenkämpfe. An dem es gilt,dafür zu kämpfen, den Wert der Ware Arbeitskraft aufzuwerten und den Kapitalist*innen den Teil unserer Arbeit, der uns vorenthalten wird, also den Mehrwert, streitig zu machen.
Lasst uns am Ersten Mai dafür kämpfen, uns den Kuchen zurück zu holen! Den ganzen Kuchen!
Lasst uns den Kampf gegen Kapital und Patriarchat verbindenden, denn Veränderung schaffen wir nur in kollektiven Kämpfen gegen die Ausbeutung und Unterdrückung! Seien es die Kämpfe im Krankenhaus oder Altenheim, auf Lesbos oder in Rojava, an der Uni oder im Betrieb, Zuhause oder auf der Straße… Der Kapitalismus stellt sich gegen uns alle, gemeinsam möchten wir uns gegen ihn wenden!
#1MaiHI
Anmerkung: Dieser Text beruht u.a. auf Annahmen der Essaysammlung „Kapital gegen Leben – Beiträge zur Theorie der Sozialen Reproduktion im Kapitalismus“ von Ronda Kipka und Vincent Streichhahn. Gerade jetzt in Zeiten von COVID-19 und Pflegekrise eine Leseempfehlung!
Hier findet ihr eine Playlist, die so richtig auf den 1. Mai einstimmt! Von Arbeiter*innenliedern über Punk, HipHop und allem, was das Herz begehrt!
Wir haben zum 1. Mai etwas ganz Besonderes vorbereitet! Diese T-Shirts mit Motiven von vergangenen Demos aus Hildesheim könnt ihr ab heute bestellen!
Ein Shirt gibts für 15 EUR. Das Geld, was über den Unkostenbetrag von ungefähr 10 EUR(nach Bestellmenge gestaffelt) hinaus geht, spenden wir an Anti-Rep Hildesheim. Die Menschen dort helfen, wenn ihr oder andere Leute hier Stress mit der Polizei haben und Repression erleiden. Man kann sich dann an Anti-Rep wenden und bekommt auch konkret und unkompliziert finanzielle Hilfe. Wenn ihr selbst betroffen seid, meldet euch bei antirep-hi@riseup.net. Im Zuge der Repression rund um die Blockade des Naziaufmarsches am 18.05.2019 konnte so schon vielen Menschen geholfen werden. Das heißt, ihr spendet mit dem Kauf eines T-Shirts direkt an Menschen, die von Repression betroffen sind!
Wenn ihr so ein T-Shirt haben möchtet, schreibt uns eine Mail auf antifaschistisches-netzwerk@riseup.net. Bitte gebt euer Wunschmotiv (AllezusammengegendenFaschismus; 8Maerz2020; RiotnotQuiet), eure Größe und ob ihr ein tailliertes Shirt haben möchtet, an. Die Bestellungen sind verbindlich, denn wir lassen sie nach eurer Bestellung drucken. Sie sind dann in Hildesheim bei Stern Kebap in der Bernwardstraße abzuholen und zu bezahlen. (Wenn ihr da nicht hinkommen könnt, finden wir sicherlich andere Wege)
Gedruckt werden die Motive mit Bio-Farben auf Bio-Shirts.
design by Pia Chwalczyk
Diese Linksammlung wurde zusammengestellt von der losen Gruppe an Menschen, die im November die Demonstration „Riot not Quiet – Seite an Seite gegen patriarchale Gewalt“ und zum 8. März den „Intersektionalen Feministischen Streik“ organisiert hat.
Ihr findet hier Links zu Artikeln, Seiten, Gruppen und Videos, die sich mit intersektionalen, feministischen Themen auseinandersetzen. Außerdem sind Spendenlinks aufgeführt. Wenn ihr Geld habt und etwas an Organisationen geben wollt, könnt ihr euch diese Vorschläge ansehen.
Triggerwarnung: Sexualisierte Gewalt
Was mir passiert ist, wird mich mein Leben lang begleiten.
Ich werde es niemals vergessen können, sondern ich muss lernen, damit zu leben. Und so geht es nicht nur mir alleine.
Mein Privileg ist, Menschen um mich zu haben, die mich unterstützen, mich wertschätzen und mir Mut machen.
Dieses Privileg haben wir nicht alle.
Ich habe dieses Lied geschrieben, um Betroffenen Mut zu machen und ja, auch, um mir selbst Mut zu machen. Um das Thema aus dem Tabu ein Stückchen weiter in die Öffentlichkeit zu bewegen. Um zu zeigen, dass Gesetzgebung und Gesellschaft sich immer wieder auf der falschen Seite positionieren und die Erfahrungen von Betroffenen mit Füßen treten.
Es ist egal, wie du dich anziehst! Es ist egal, was du tust oder welche angeblichen Signale du aussendest! Nein heißt Nein!
Das Problem heißt Sexismus. Es heißt Patriachat. Es heißt Macht. Und vor allem FLINT*s bekommen das jeden Tag aufs neue zu spüren.
Gegen jede Unterdrückung!
Bleibt stark und achtet aufeinander!
Ton: Oliver Brandt
Video: Maik Brückner
Immer wieder leiden Studierende unserer Universität unter Alltagsrassismus und struktureller Ungleichbehandlung, eben auch von Seiten der Polizei.
Seit Jahrzehnten bemängeln internationale Akteur*innen den Umgang der Behörden mit den Problemen in der deutschen Polizei. In der aktuellen Krisensituation von Covid-19 baut die Politik trotzdem auf eine erhöhte Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit und nimmt damit eine Forcierung aller Konflikte in Kauf, die diese Maßnahme mit sich bringt.
Wir als Studierendenvertretung möchten nicht nur auf dem Papier jegliche Form von Diskriminierung und Gewalt ablehnen. Auch wir sind nicht ohne Fehler und uns ist bewusst, dass wir in unserer Arbeit noch nicht alles berücksichtigen oder richtig machen. Aber wir möchten Solidarität üben, indem wir auf Probleme aufmerksam machen und wir möchten dazu aufrufen, Missstände aufzudecken und deren Bekämpfung voranzubringen.
Wir sprechen uns für eine Kennzeichnungspflicht für Beamt*innen und für die Etablierung einer unabhängigen Kontrollinstanz und Beschwerdestelle aus. Die neuen Polizeigesetze müssen verfassungsrechtlich geprüft und entsprechend angepasst werden! Des Weiteren unterstützen wir jede Bestrebung, offizielle Statistiken über Gewalt, Amtsmissbrauch und Diskriminierung aus den Reihen der Polizei anzulegen, um den Handlungsdruck auf die Behörden zu erhöhen.
Wir hoffen, dass ihr gut durch diese schwierige Zeit kommt. Passt aufeinander auf!